portfolio_03.gif (1622 Byte)
Portfolio
Publikationen
Links
Kontakt

 
Internet im Deutschunterricht

von Andreas Borrmann und Rainer Gerdzen

Eine Rezension von Doris Mause
in Praxis Deutsch, Heft 165/2001
und
in medien praktisch, Heft 97, Januar 2001, S. 69f

Die Frage ist nicht, ob denn nun entweder die klassischen, grundlegenden Kulturtechniken im Deutschunterricht vermittelt werden sollen oder die relativ neue "Computer-literacy", häufig auch Medienkompetenz genannt – vielmehr hat sich das Autorenteam zum Ziel gemacht, beides miteinander zu verbinden und so zu einer fruchtbaren Symbiose zu bringen. Dies kann, so die Autoren, am besten geschehen durch die Produktion eigener Internet-Beiträge, "denn in diesem Tun lassen sich traditionelle Ziele des Deutschunterrichts mit modernen vermitteln, sprachliche Basisfertigkeiten ebenso trainieren wie methodische Kompetenzen, Ziele sozialen wie affektiven Lernens verfolgen".

Um Lehrerinnen und Lehrern das nötige Rüstzeug zu geben, damit sie ihre Lerngruppen auf diesem Weg begleiten und betreuen können, gibt der vorliegende Band aus der Reihe "Klett Computerpraxis" alle relevanten Hilfestellungen. Dabei geht es aber nicht um eine reine Technikschulung, sondern vielmehr um die sinnvolle Integration des Internet in den Deutschunterricht unter didaktischen und methodischen Aspekten. Was dafür an Wissen über den Computer, das Internet und die verschiedenen Softwareanwendungen notwendig ist, erläutert der Band aber trotzdem auf knappe, und vielleicht gerade deswegen höchst anschauliche Art und Weise.

So werden im zweiten Kapitel kurz und präzise die wichtigsten Dienste des Internets beschrieben, zugleich wird ein Vorschlag präsentiert, wie sich dieses Wissen handlungsorientiert an Schüler weitervermitteln lässt: nämlich mit Hilfe einer virtuellen "Schnitzeljagd", die Schülerinnen und Schüler auch durchaus selbst gestalten können.

Nun ist aber nicht nur Suchen und Finden ein wichtiger Aspekt des Internets, sondern ganz besonders auch die medienspezifische Aufbereitung von Texten, die in der Regel nicht linear wie in einem Buch aufeinander folgen, sondern eher netzartig organisiert sind, sodass der Leser/Benutzer einen individuellen Pfad durch angebotene Inhalte beispielsweise einer Internetsite verfolgen kann. Welche Bedeutung dieser Umstand für den Deutschunterricht hat - sowohl was rezeptive wie auch produktive Aspekte anbelangt - erläutert das Autorenteam im dritten Kapitel.

Im vierten und längsten Kapitel werden dann Konsequenzen aus den bisherigen Ausführungen gezogen: Hier werden konkrete "Beispiele zur Anregung" dargestellt. In einem Unterrichtsbeispiel werden jeweils die inhaltliche Beschreibung des Unterrichtsvorhabens, der didaktisch-methodische Begründungszusammenhang, eine Auflistung der wichtigsten Lernziele aber eben auch das unverzichtbare Technikwissen zu diesem spezifischen Vorhaben zusammengeführt. Deutlich ist spürbar, dass hier nicht Theoretiker am Schreibtisch Modellstunden entwickelt haben, sondern dass die Autoren um die ganz praktischen Probleme der Arbeit im Computerraum wissen – und wenn es um solche Banalitäten wie "Meine Datei ist weg" geht.

Die dargestellten Unterrichtssequenzen decken verschiedene Bereiche des Deutschunterrichts ab. Während die ersten Vorschläge noch eher allgemein sind ("Homepages von Schülern", "Eine Homepage für unsere Schule"), werden sie im Verlauf des Bandes zunehmend spezifischer: von kreativem Schreiben etwa einer Abenteuergeschichte oder einer Seifenoper über Fragen von medial bedingten Perspektiven bis hin zu einer "Hypertext-Interpretation" von Ingo Schulzes "Simple Storys" reicht die Bandbreite.

Insgesamt präsentiert sich der Band ideenreich und praxisnah. Er ist geeignet, kompletten "Computer-Neulingen" bei der Gestaltung ihres unterrichtlichen Einstiegs in das Thema zu helfen, hat aber auch "alten Füchsen" noch einiges an inhaltlichen Ideen und methodischen Tricks zu bieten. Dabei wird das Medium Computer nie zum Selbstzweck, sondern lotet sensibel die Möglichkeiten und Chancen aus, die es einem modernen Deutschunterricht zu bieten hat.